5. Februar

Ihr seid das Salz der Erde

 

Warum ausgerechnet Salz?

Warum nicht Pfeffer? Ein paar Christen, die der Welt ein wenig Pfeffer unter den Allerwertesten machten, könnte ebendiese Welt vielleicht gut gebrauchen- oder wenn Christen wie Honig sein sollten würden sie einer verbitterten, dunklen Welt vielleicht ein wenig mehr Süße verleihen.

 

Aber nein, es sollte das Salz sein.

 

Das Salz: Notwendig und wertvoll. Das ist uns, die wir Salz zu allen Tageszeiten und in jedem gewöhnlichen Supermarkt um die Ecke erstehen können, kaum noch bewusst: Salz war wertvoll und machte ganze Dörfer reich, die auf einem Salzstock lagen oder ein Verfahren entwickelt hatten, Salz  zu gewinnen.

Und Salz ist notwendig, wortwörtlich.

Es wendet Not, denn ohne Salz kann der menschliche Körper nicht überleben. Und nicht nur dieser.

Elefanten beispielsweise unternehmen lange Wanderungen, nur um an Salz und andere Mineralien zu gelangen.

 

Ihr seid das Salz der Erde, heißt also auf die Christen angewandt, dass sie wertvoll und notwendig für die Erde sind.

Ohne sie fehlt der Welt nicht nur die Würze, sondern Notwendiges zum Leben. Gläubige Menschen haben durch die Erfahrung und die Lehre des Jesus von Nazareth Erkenntnis erlangt, die anderen den Horizont weiten kann, Hoffnung geben, das Leben und seinen Sinn verstehen lassen kann.

Das christliche Salz tröstet, erhellt und führt zu Erkenntnis.

 

In diesem Zusammenhang ist eine weitere Eigenschaft des Salzes aufschlussreich. Das Salz würzt.

Bekanntlich fördert die Zugabe von Salz den Eigengeschmack jeder Speise; ohne Salz bleibt nahezu jedes Essen fad und schal.

 

Fad und schal sind Eigenschaften, die mir immer häufiger bei der Betrachtung der oberflächlichen Lebensgestaltung, die unsere Gesellschaft vorlebt, in den Sinn kommt. Wie viele der angepriesenen Vorschläge zur Lebens- und Freizeitgestaltung, wie viele Produkte, die unsere Leere füllen sollen, erweisen sich als fad und schal. Anziehend auf den ersten Blick, aber eben nur auf den ersten. Sie erfüllen in der Regel nur kurzfristig ein bestimmtes Bedürfnis, wecken aber gleichzeitig ein oder mehrere neue.

So entsteht der Eindruck eines Lebens ohne Würze.

Christen wissen um ihren Ursprung, wissen um das Ziel ihres Lebens. Christen haben erkannt, dass es um Liebe, um Barmherzigkeit, um Güte und Gerechtigkeit geht. Sie wissen, wozu sie leben und kennen ihren Auftrag.

 

So wird aus der Leere Fülle; Fülle der Erkenntnis, Fülle des Lebens wie es z.B. im 10. Kapitel des Johannesevangeliums heißt.

So wie ein Essen ohne Salz fad und schal ist, ist ein Leben ohne Sinnerfüllung leer und öde.

Noch etwas: Salz in eine Wunde gestreut, kann sehr wehtun. Somit macht das Salz auf Wunden aufmerksam, die ohne es möglicherweise gar nicht wahrgenommen worden wären.

Salz legt sozusagen den Finger in die Wunde, macht aufmerksam auf Missstände, macht das Wunde spürbar.

 

Ein weiterer Blick in die Küche ergibt noch einen letzten Aspekt des Salzes und seine Wirkung. Jedes gepökelte Produkt erinnert an die konservierende Bedeutung von Salz. Salz stoppt die Zersetzung, Salz bewahrt.

Wenn Jesus die Christen als Salz der Erde bezeichnet gibt er ihnen damit auch den Auftrag, Menschen zusammenzuhalten, Gemeinschaft zu fördern, Zersetzendem Einhalt zu gebieten.

 

Was einem bei allen Aspekten des Bildes vom Salz der Welt auffällt, ist, dass das Salz zwar eine wichtige Wirkung hat, aber es an sich, nur für sich ohne Wert ist. Salz erhält sein Gewicht im Bezug zu anderem, zu seiner Umgebung.

Es kann nur würzen, wenn etwas zum Würzen vorhanden ist, es kann nur reinigen, wenn etwas verschmutzt ist, es kann nur konservieren, wenn es etwas zu pökeln gibt.

 

Christen leben in Bezug zu anderen, sie sind sich nicht selbst genug.

Das Bild vom Salz ist auch eine Absage an jedes elitäre Christentum, das das Heil nur für sich sucht. Das Zurückziehen auf die Insel der Seligen ist nicht der Auftrag Jesu. Christen gehören in die Welt, setzen sich ihr aus und versuchen sie mit ihrer Würze zu prägen. Christen ohne Welt verlieren ihren Wert, ihren Nutzen.

Innerkirchlich macht ja nun seit ein paar Jahren der sogenannten Synodale Weg Schlagzeilen. Bald steht er vor dem Abschluss und es ist noch nicht absehbar, wie er ausgehen wird und welche Folgen er haben wird. Von Euphorie bis Entsetzen waren die Reaktionen, je nachdem welchem kirchlichen Lager die Leute angehörten.

Natürlich erhoffe ich mir, dass es nicht zu noch tieferen Spaltungen in der Kirche kommen wird, halte den Prozess aber für ausgesprochen wichtig. Es gibt Fragen, die endlich und schon lange geklärt gehören. Da können die sogenannten Konservativen noch so lange behaupten, dass doch alles geklärt sei, über bestimmte Fragen schon entschieden wurde und es deswegen verboten sein sollte, über eben diese zu reden.

Christen können nur Salz der Erde sein, wenn sie mit dieser Welt in Berührung sind und sich mit deren Fragen auseinandersetzen. Salz ohne Berührung mit der Speise, also mit der Welt, hat keine Bedeutung, ist sinnloser Selbstzweck. Salz, das nicht bereit ist, zu würzen, sondern sich lieber in den Küchenschrank zurückzieht, wo es sicher lagert, findet keine Beachtung. Niemand braucht Salz, das nicht genutzt wird. Salz ohne Speise ist sogar gefährlich, zumindest aber schmeckt es nicht.

Für mich ist diese Versammlung von Christen ebenso wie die von Papst Franziskus ausgerufene Weltsynode, ein notwendiger Reinigungsprozess. Viel zu vieles an Dreck hat sich in den letzten Jahren angesammelt und das Salz des Glaubens verunreinigt. Viel zu vieles gehört beseitigt und aussortiert, damit das Salz wieder seine ursprüngliche Wirkung entfalten kann.

Nicht die Welt hat das Salz verunreinigt, sondern die christliche Gemeinschaft selbst- und deswegen muss sie sich jetzt erst einmal selber reinigen, bevor sie ihr Salz wieder anbieten kann. Das ist eine lange und schwierige Aufgabe, die sicher nicht damit zu bewältigen ist, alles zu belassen wie es war.
Jedem aufrechten Christen muss es in der Seele wehtun, wenn er bemerken muss, dass er mit der für ihn so wertvollen Botschaft des Jesus Christus nicht mehr durchdringt, weil Menschen eher die vielen Irrwege, Vergehen und Zumutungen wahrnehmen als die befreiende Botschaft dieses Jesus.

Jeder aufrechten Christin muss es in der Seele wehtun, dass sie bemerken muss, dass ihre Dienste nur in bestimmten Bereichen gefragt sind, ihre Glaubens- und Lebenserfahrung aber in Kernbereichen ausgeschlossen sind. Ihr Salz ist nicht gefragt, zählt nicht, muss verkümmern, in der schon beschriebenen Schrankschublade liegen bleiben.

 

Einiges gibt es zu klären, wie das so ist, wenn man bemerken muss, dass etwas nicht mehr so weiter geht wie bisher.

 

Nun, wir wissen nicht, in welche Richtung sich die Dinge entwickeln werden.

Ich kann nur hoffen und beten, dass, gerade in Anbetracht vieler Entwicklungen in der gegenwärtigen politischen und gesellschaftlichen Welt, Christen ihr Salz zwar trocken halten, es aber nicht ins Trockene bringen.

Wir brauchen jetzt den Prozess der Selbstvergewisserung, aber nur deswegen, weil die Welt selbstgewisse Christen benötigt, ebenso wie unseren klaren Einsatz für den Wert eines jeden Menschen, der sich aus der Ebenbildlichkeit zu Gott ableitet und ein gutes Gegengift gegen alle Positionen ist, die menschenverachtend Politik machen.

Wir brauchen jetzt den Prozess der Selbstvergewisserung, aber nur deswegen, weil die Welt unseren Einsatz für Gerechtigkeit, für Frieden, für die Armen und Chancenlosen braucht, jetzt, gerade jetzt.

Wir brauchen jetzt den Prozess der Selbstvergewisserung, weil ohne den Einsatz der Christen, diese Welt ein weitaus faderer, dunklerer Ort wäre,

denn IHR seid das Salz der Erde, IHR seid das Licht der Welt!

 

Ein Bild bleibt immer nur ein Bild- und die Gefahr besteht, ein solches Bild mit Bedeutung zu überfrachten. Aber wenn bei jeder Nutzung des Salzes für jeden Christen sein Auftrag mitschwingen würde, wäre für die Welt viel gewonnen- und für das Salz ebenso.