2. Juli, 13. So. im Jahreskreis
Evgl. von der Absoluten Freiheit…Das wird Ihnen nicht sofort ins Auge springen, aber vielleicht können Sie es nachvollziehen, wenn wir gemeinsam etwas näher draufschauen.
Dass sie mich nicht missverstehen: Freiheit ist nie, dass ich machen kann was ich will, ohne Rücksicht auf Verluste. Da werden wir uns sicher schnell einig sein.
Für mich lässt sich dieses Evgl. mit seinen zunächst ja auch Widerspruch auslösenden Sätzen nur erklären, wenn ich einen Schritt zurücktrete….nicht nur auf diesen Text schauend, sondern insgesamt, auf´s Leben schauend.
Im Evgl. wird im Grunde all das genannt, was unser Leben ausmacht: Eltern, eigene Kinder, Sich-entwickeln, Fortkommen (Das Leben gewinnen…) UND: Die Beziehung zu Gott.
Wir haben die Tendenz, den Glauben nur als einen Teil des Lebens zu sehen: Hier Arbeit, Familie, dort Glaube; das Ganze in zeitliche Abschnitte aufgeteilt, linear…
Für Jesus- und das unterscheidet ihn grundlegend von dieser Haltung, ist der Glaube, also das Leben mit Gott, nicht nur ein bestimmter Teil, wegen mir in seinem Fall ein ziemlich großer, sondern das Leben mit Gott ist Hintergrund des Lebens, oder besser Grundlage, Erklärungsmuster.
Arbeit, Familie, die Dinge, die unser Leben beschäftig halten sind eingebettet in diesen Glauben.
Jesus steht sozusagen auf der Glaubensseite und schaut auf das Leben wie es so grundsätzlich ist.
Wir stehen auf der Lebensseite und schauen ab und an auf den Glauben- und verlieren uns dabei so oft im Leben: Eltern beschäftigen uns, die Kinder naturgemäß mindestens genauso, berufliches Fortkommen—in diesem Sinne lieben wir es mehr als den Glauben an Gott. Das steht für uns im Vordergrund. Das ist ja auch ganz normal.
Aber für Jesus war das eben nicht normal. Er hat alles was geschah durch die Brille des Glaubens gesehen. Und das ist es, was er sich auch für uns vorstellt:
Jesus hat sich nicht in seinem Leben verloren
Wir kennen das doch alle gut: Sorgen um die Lieben zuhause, Dinge aus dem Alltag, die einen beschäftigen…sie bekommen oft so viel Gewicht, dass wir das Wesentliche aus den Augen verlieren.
Ich habe es schon ein paar Mal erwähnt: Der Flugzeugblick. Wenn mich manchmal viel zu viele Dinge überwältigen, dann stelle ich mir vor meinem inneren Auge vor wie ich in einem Flugzeug sitze und aus 10km Höhe auf die Erde schaue. So vieles verliert dann seine besitzergreifende Bedeutung, wird kleiner, wird eingeordnet in das große Ganze.
Jesus hatte nicht nur einen Flugzeugblick, sondern er saß noch viel höher, er hat alles von der Warte Gottes aus betrachtet.
Von der Ewigkeit betrachtet, sind unsere täglichen Sorgen von anderer Bedeutung. Sie sind eingebettet in die vielen Sorgen aller Menschen vor uns und aller, die nach uns kommen werden. Nicht nur unsere Sorgen, sondern wir als Ganzes sind eingebettet in den großen Strom aller Menschen, in den großen Fluss des Lebens.
Jesus hatte noch einen Vorteil. Ich nehme an, dass er viel klarer sah, wozu Dinge geschehen wie sie geschehen, dass er deutlicher vor sich sah, warum das Leben so ist wie es ist. Er hatte die Antworten, die wir uns von Gott erhoffen schon in seinem Leben.
Und weil das so war, verlor er sich nicht in den alltäglichen Dingen.
Wenn Du ganz sicher weißt, dass Du aus Gott kommst und zu ihm zurückkehrst, wenn Du ganz sicher bist, dass Du, Deine Seele unsterblich bist, wenn Dir klar wird, dass Du Teil der Ewigkeit bist, wird Dir nichts mehr so schnell Angst machen.
Und: Nichts wird Dich mehr so beanspruchen, dass Du Dich darin verlierst.
Jesus sagt ja nicht, dass wir Mutter, Vater, Kinder NICHT lieben sollen, sondern nur, dass wir sie nicht MEHR lieben sollen als ihn.
Und das ist nicht, weil Jesus das nötig hätte. Oh, ich brauche Eure Liebe, sonst geht es mir schlecht- und Euch erst recht.
Gott, Jesus braucht nicht unsere Liebe. WIR sind es, die diese brauchen.
Bindet Euch nicht zu sehr an all das, was Euch die Welt als Glück verspricht- das ist nicht das Glück.
Steht Euren Mann, steht Eure Frau, da, wohin Euch Gott gestellt hat, kümmert Euch um die Menschen, die Euch nahestehen, lebt Euer Leben; aber: Wer damit das Leben gewinnen will, der wird es verlieren.
Absolute Freiheit, habe ich eben gesagt: Es gibt keine größere Freiheit als die zu wissen, dass es letztendlich nicht zählt, was ich hier erreiche. Es ist nicht das Entscheidende. Was zählt, was mich von der täglichen Sorge befreit ist der Blick aus der Ewigkeit. Von der ausgesehen, hat alles seinen Sinn, egal, was geschieht, alles hat seinen Platz, nichts geschieht, was aus der Ewigkeit betrachtet, keinen Sinn ergäbe.
Das Leben, so wie wir es normalerweise wahrnehmen, ist wichtig und ernst zu nehmen, aber es ist nicht alles.
Jeder, der es gesehen hat, wird sich noch an die Exequien für Queen Elisabeth erinnern. Das war beeindruckend und man könnte meinen, dass da jemand das Leben gewonnen hat, Ruhm, einen Platz in der Geschichte. Ja, den hat sie wohl- und dennoch, in –sagen wir einmal- 1.000 Jahren wird auch sie nur eine der vielen sein, die vorher gelebt haben…das Leben KANN man auf diese Weise nicht gewinnen. Das gilt für sie, das gilt für uns alle, das gilt für jeden.
Macht Euch also nicht zu viele Sorgen, nehmt ab und an die Perspektive der Ewigkeit ein- und vieles, wenn nicht alles relativiert sich, bekommt seinen rechten Platz, überstrahlt nicht alles, was wirklich von Bedeutung ist: Nämlich, dass wir aus Gott kommen und zu ihm gehen, dass uns das niemand nehmen kann, in Ewigkeit nicht.
Das nenne ich absolute Freiheit.