Auf dem Weg nach Ostern- ein Fastenkalender, 23. März
Unterwegs nach Ostern – 23. März 2021
In Gedanken habe ich in den letzten Monaten oft am Meer gesessen: wenn mich beim Blick aus dem Fenster der graue, regenschwere Himmel an meine Kindheit im Norden erinnerte, wenn es mir im Home-Office zu eng wurde und ich mir endlich wieder frischen Wind um die Nase wünschte oder wenn das Smartphone plötzlich Bilder vom letzten Sommerurlaub zur Revue anbot.
Dann stieg die Sehnsucht nach einem weiten Horizont in mir auf und am liebsten wäre ich sofort aufgebrochen und hätte alles andere, was plötzlich so Unbedeutend erschien, hinter mir gelassen. Gerne hätte ich mich dann mit der Unendlichkeit der See verbunden, in der Gewissheit, dort zur Ruhe kommen zu können und Gelassenheit zu finden.
In seinem Gedicht „Am Meer“ bringt Erich Fried dieses Gefühl so zum Ausdruck:
Wenn man ans Meer kommt
soll man zu schweigen beginnen
bei den letzten Grashalmen
soll man den Faden verlieren
und den Salzschaum
und das scharfe Zischen des Windes einatmen
und ausatmen
und wieder einatmen
Wenn man den Sand sägen hört
und das Schlurfen der kleinen Steine
in langen Wellen
soll man aufhören zu sollen
und nichts mehr wollen wollen nur Meer
Nur Meer
(Erich Fried)
Unterwegs nach Ostern versuche ich, zu schweigen, meinen Alltagsfaden zu verlieren, leer zu werden und den Atem des Lebens in mir wahrzunehmen – und erahne am Horizont die Weite der Auferstehung …
Felicitas Green
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