Unterwegs nach Ostern – ein Fastenkalender, 22. Februar

 

 

 

 

 

 

Zum Glück 

 

 

Glücklich zu leben wünscht jedermann; aber die Grundlagen des Glücks erkennt fast niemand. Freilich ist ein glückliches Leben keine ganz einfache Sache (…). Inzwischen halte ich mich, worin alle Stoiker eins sind, an die Natur; von ihr nicht abzuirren und sich nach ihrem Gesetz und Beispiel zu bilden, ist Weisheit. Glückselig ist also ein Leben, welches mit seiner Natur in Einklang steht; dies aber kann uns nicht anders zuteil werden, als wenn der Geist gesund und in beständigem Besitz seiner Gesundheit ist; sodann, wenn er kräftig und entschlossen, zudem sittlich rein und geduldig ist, sich den Umständen fügt, für den Körper und seine Bedürfnisse gesorgt ist, jedoch ohne Ängstlichkeit; achtsam ferner auf die übrigen Dinge, die zum Leben gehören, ohne auf irgendeines grossen Wert zu legen, bereit, die Gaben des Glückes zu benutzen, nicht aber ihnen zu frönen.

 

(Seneca, Vom glückseligen Leben)

 

Seneca war ein römischer Philosoph des ersten Jahrhunderts nach Christus. Er lenkte die Staatsgeschäfte für den minderjährigen Nero und fungierte als dessen Erzieher im Sinne der stoischen Philosophie, letzteres bekanntlich mit geringem Erfolg. Von Nero der Mitgliedschaft in einer Verschwörung bezichtigt, wurde er zum Selbstmord gezwungen.