Allerheiligen- ein Hausgottesdienst

 

Hausgottesdienst zu Allerheiligen

 

Von Wolfgang Severin

 

Wir feiern diesen Hausgottesdienst gemeinsam am Esstisch, den wir mit einem Tischtuch gedeckt haben. Darauf stellen wir eine oder zwei Kerzen, einen Teller mit Brot und Becher, einen Krug mit Wein und/oder Wasser.

Bevor wir den Gottesdienst beginnen, halten wir einige Augenblicke Stille.

Wir beginnen den Gottesdienst mit dem Entzünden der Kerze und dem Kreuzzeichen:

V: Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. A: Amen

 

Lied: GL 479; Eine große Stadt ersteht

https://www.youtube.com/watch?v=SgQJCK8qFks

Strophe 1

Eine große Stadt ersteht, die vom Himmel niedergeht in die Erdenzeit.                                                                                                                                      Mond und Sonne braucht sie nicht; Jesus Christus ist ihr Licht, ihre Herrlichkeit.

Strophe 2

Durch dein Tor lass uns herein und in dir geboren sein, dass uns Gott erkennt.                                                                                                                                Lass herein, die draußen sind; Gott heißt jeden Tochter, Sohn und Kind, der dich Mutter nennt.

Strophe 3

Dank dem Vater, der uns zieht durch den Geist, der in dir glüht;                                                                                                                                                Dank sei Jesus Christ, der durch seines Kreuzes Kraft uns zum Gottesvolk erschafft, das unsterblich ist.

 

 

Gebet:

Gütiger Gott,  Freude und Hoffnung, Not und Bedrängnis von uns Menschen kennst du.
Immer wieder haben wir sie Dir Menschen  anvertraut,
unsere Hoffnung auf dich gesetzt,
in Begrenztheit zu dir gerufen.
In den Heiligen hast du uns Menschen geschenkt,  die uns Hilfe und Vorbild sind, die uns einen Weg weisen  und uns das Ziel unseres Lebens vor Augen halten:  das volle Leben  bei dir.
Öffne unsere Augen für das, was wir noch nicht erkennen,
öffne unsere Ohren für noch unerhörte Worte,
öffne unser Herz, dass es mutig werde für Visionen, die uns in die Zukunft tragen.  Das erbitten wir durch Christus, unseren Herrn. Amen.

 

Einer trägt die Lesung vor:

Lesung aus dem ersten Johannesbrief:

 

Schwestern und Brüder!

Seht, welche Liebe uns der Vater geschenkt hat: Wir heißen Kinder Gottes und wir sind es.

Deshalb erkennt die Welt uns nicht, weil sie ihn nicht erkannt hat.

Geliebte, jetzt sind wir Kinder Gottes.

Doch ist noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden.

Wir wissen, dass wir ihm ähnlich sein werden, wenn er offenbar wird;

denn wir werden ihn sehen, wie er ist.

Jeder, der diese Hoffnung auf ihn setzt, heiligt sich, so wie er heilig ist.

 

 

Zwischengesang: GL 542,1+4; Ihr Freunde Gottes allzugleich

https://www.youtube.com/watch?v=TxyBXmfcNMs

 

Einer liest das Evangelium:

 

Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus:

In jener Zeit, als Jesus die vielen Menschen sah, die ihm folgten,  stieg er auf den Berg.
Er setzte sich und seine Jünger traten zu ihm.
Und er öffnete seinen Mund, er lehrte sie und sprach:
Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich.
Selig die Trauernden; denn sie werden getröstet werden.
Selig die Sanftmütigen; denn sie werden das Land erben.
Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden gesättigt werden.
Selig die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden.
Selig, die rein sind im Herzen; denn sie werden Gott schauen.
Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Kinder Gottes genannt werden.
Selig, die verfolgt werden um der Gerechtigkeit willen; denn ihnen gehört das Himmelreich.
Selig seid ihr, wenn man euch schmäht und verfolgt und alles Böse über euch redet um meinetwillen.
Freut euch und jubelt: Denn euer Lohn wird groß sein im Himmel.

Predigt (dieses Mal nur als Text. Ab der kommenden Woche wieder als Audio- oder Videodatei):

 

In den gegenwärtigen Zeiten versuche ich möglichst die überall gegenwärtigen Themen in meinen Predigten insofern zu vermeiden als dass ich sie nicht direkt erwähne. Sie sind sowieso in unserem Kopf und bedrücken uns. Seien es die allgegenwärtigen „Pegelstände“ der Neuinfektionen oder die grauenvollen Bilder aus der Kirche in Nizza. Es ist viel schwerer das innere Gleichgewicht und den seelischen Frieden in diesen Tagen zu bewahren als es das zu anderen Zeiten war.

 

Meine Aufgabe sehe ich mehr darin, eben für diesen seelischen Frieden zu sorgen als darin, die Bilder der Angst und der Furcht zu verstärken.

Und so meine ich, dass es gut tut sich im Gebet und im Gottesdienst andere Bilder vor das innere Auge zu holen. Bilder des Mutes, der Stärkung und des Vertrauens.  Ich meine, dass es gut tut, sich dem Rhythmus des Kirchenjahres zu überlassen und diese  den schlimmen Alltagsbildern entgegenzusetzen.

Sich dem Kirchenjahr zu überlassen, spült einem Tag für Tag andere biblische Geschichten und Erfahrungen in den Kopf und ins Herz oder erinnert einen durch die Feste daran, dass da noch mehr ist als Corona, Trump und islamistischer Terror.

 

So auch das heutige Fest Allerheiligen und das dazugehörige Evangelium von den Seligpreisungen, die Sie eben gehört oder gelesen haben. Lesen Sie es noch einmal, meditieren Sie es für sich alleine, still in irgendeinem Winkel Ihres Hauses. Es wird seine Wirkung entfalten.

Wie hoffentlich auch das Fest des heutigen Tages. Allerheiligen

 

Wie so viele Feste im kirchlichen Kalender hat sich auch dieses Fest aus einem lokalen Ereignis durch verschiedene Zufälle und jeweilige „religiöse Moden“ weiterentwickelt und ist zu einem bestimmten Zeitpunkt im allgemeinen kirchlichen Kalender verankert worden.

 

Der älteste Hinweis auf das „Allerheiligen“-Fest findet sich im 4. Jahrhundert bei Johannes Chrysostomos, bei dem für die Region Antiochia am Sonntag nach Pfingsten von einem „Herrentag aller Heiligen“ die Rede ist, der zunächst als Gedenktag für Märtyrer begangen wurde.

In der orthodoxen Kirche haben sich dieses Fest und dieser Termin im Übrigen bis heute erhalten.

 

In der Westkirche allerdings wurde der Termin zunächst zwar übernommen, aber es kam schnell zu Verschiebungen.

 

So weihte Papst Bonifatius IV. am 13. Mai 609 oder 610 das heidnische römische Pantheon in Rom – zuvor das Heiligtum der antiken Götterwelt– der Jungfrau Maria und allen Märtyrern und ordnete eine jährliche Feier an, die zunächst auf den  Freitag nach Ostern gelegt wurde. Papst Gregor III. dann weihte über hundert Jahre später eine Kapelle in der Basilika St. Peter allen Heiligen und legte für die Stadt Rom den Feiertag auf den 1. November fest. Dieses Datum hatte darüber hinaus eine besondere Bedeutung und mag erklären, warum sich dieser Termin dann endgültig durchsetzte: es war nämlich zur damaligen Zeit  gleichzeitig sowohl Winteranfang als auch Jahresbeginn.

Papst Gregor IV. legte 835 Allerheiligen dann für die gesamte Westkirche auf den 1. November fest.

Zur inhaltlichen Entstehung darf man  davon ausgehen, dass durchaus auch praktische Überlegungen eine Rolle spielten, weil die begrenzte Zahl der Tage eines Jahres nicht mehr ausreichte, um jedem Heiligen einen eigenen Tag zuzuweisen.

So diente der Tag dann dem Gedenken „aller Heiligen“, Märtyrer und Verstorbenen, die bereits zur Vollendung mit Gott gelangt sind.

 

Dabei stand nicht die Trauer und das Gedenken der Verstorbenen im Vordergrund, sondern die Hervorhebung eines anderen wichtigen Aspektes. Und der ergibt sich aus der Auffassung, dass alle Gläubigen „Heilige“ sind.

Schon Paulus spricht die Gemeindemitglieder in Rom mit diesem Titel an: „An alle in Rom, die von Gott geliebt sind, die berufenen Heiligen“ heißt es da im 7. Vers des ersten Kapitels des Briefes an die Römer.

 

Es geht also auch darum im Allerheiligenfest deutlich zu machen, dass in jedem, der sich auf das Leben mit Christus, dem Heiland einlässt, der Keim zum Heil, zum Heiligsein angelegt ist.

Jeder Mensch ist von Gott als Heiliger gedacht und kann diesem Bild  entsprechen, wenn er sich auf Christus einlässt.

 

Damit wird auch deutlich, warum Allerheiligen in die Nähe des Totengedenkens gerückt ist und zu Beginn seines Entstehens weitaus näher an Ostern, dem Fest der Auferstehung datiert war als in den November hinein.

 

Wenn die Bezeichnung „heilig“ eine Bezeichnung ist, die allen Christen gilt und nicht nur den offiziell als „heilig“ deklarierten, dann ist das auch ein Trost für alle, die über einen Verstorbenen trauern. Sie können gewiss sein, dass ihr Verstorbener den Weg zum Heiland, zum Heiligen gefunden hat und in die Zahl der Heiligen eingereiht ist.

 

An Allerheiligen  feiern wir also alle zu Christus Gehörenden, Lebende und Tote, ein Fest, das die heilbringende Gemeinschaft all derer feiert, die sich auf ein Leben mit Gott eingelassen haben, für die der Tod keine unüberwindliche Grenze ist, sondern der Übergang von der einen Welt in die andere Welt Gottes.

 

 

Mehr aber wissen wir wohl nicht, das ist alles schlichtweg „nur“ Glauben. Die  Lesung vom heutigen Tag drückt das ja noch einmal aus:

Seht, wie groß die Liebe ist, die der Vater uns geschenkt hat:
Wir heißen Kinder Gottes, und wir sind es. Die Welt erkennt uns nicht, weil sie ihn nicht erkannt hat…
Heißt, wer nicht den Blickwinkel Christi einnehmen kann, erkennt auch nicht, was der Mensch in Wahrheit ist.


Liebe Brüder und Schwestern, jetzt sind wir Kinder Gottes.
Aber was wir sein werden, ist noch nicht offenbar geworden….

Ein erstaunlicher Satz- Kind Gottes zu sein ist ja schon unfassbar großartig, aber sollten wir, wenn wir bei ihm sind etwa etwas noch anderes sein, größer gar als KINDER Gottes? Der Text jedenfalls lässt das vermuten:


Wir wissen, dass wir ihm ähnlich sein werden, wenn er offenbar wird;
denn wir werden ihn sehen, wie er ist.
Jeder, der dies von ihm erhofft, heiligt sich, so wie Er heilig ist.

Es könnte einem schwindelig werden bei dieser Aussicht- oh wäre es doch wahr, oh könnten wir es doch glauben: wie viel einfacher wäre das Leben, wie viel friedlicher diese Welt. Sich für diese Sicht einzusetzen, lohnt immer, denn was kann ich dabei verlieren? Im allerschlimmsten Fall ist nach dem Tod nur das NICHTS. Dann merke ich absolut garnichts mehr. Sollte der biblische Glaube aber recht haben, ist danach ALLES, denn dann sind wir beim ALLmächtigen, beim ALLumfassenden. Dann ist tiefer Friede, die Sehnsucht hat ihr Ziel gefunden. Dann wären wir ALLumfassend heil.

 

Wer das glauben kann, hat andere Bilder im Kopf als die der aktuellen Gegenwart. Und das ist auch gut so, denn sie können heilen, ALLheilen.

 

Zum Nachsinnen: https://www.youtube.com/watch?v=C9UKLZMH0Ck

 

 

Fürbitten:

 

1 Wir beten für die Heiligen unserer Tage, für die Unbekannten, die ihrem Gewissen folgen und gegen den Strom der Zeit schwimmen;
für alle, die ungerechte Fesseln lösen und Frieden stiften.

 

2 Für die vielen Menschen, die an Covid19 erkrankt sind und um ihre Gesundheit oder gar um ihr Leben kämpfen;
für die Ärztinnen und Ärzte und die Pflegekräfte, die den Erkrankten Hilfe leisten und auf deren Einsatz wir uns verlassen können.

 

 

3 Wir beten für alle Menschen, die im kommenden Corona-Lockdown ihren Beruf nicht ausüben können und um ihre Existenz fürchten;
und für alle, denen es schwerfällt, die Einschränkungen ihrer Freiheit zu akzeptieren.

 

4 Wir beten für unsere Nachbarn in Frankreich, die Opfer von terroristischen Attentaten wurden und bedroht sind;
für alle Menschen überall, die wegen ihres Glaubens und ihrer Überzeugungen verfolgt werden.

 

 

5 Wir beten für die Menschen in Südostasien im Taifun Molawe
und in den USA im Hurrikan Zeta
und in der Türkei und in Griechenland nach dem schweren Erdbeben in der Ägäis;
und für alle Menschen, deren Leben von Natur- und Klima-Katastrophen bedroht ist.

 

 

6 Wir beten für die Schwestern und Brüder in den Kirchen der Reformation,
die gestern den Reformations-Tag gefeiert haben;
und für alle, die die Gemeinschaft der Christen in der einen Kirche schon leben
und immer mehr wollen.

 

 

Und für unsere Verstorbenen beten wir heute besonders:

Treuer Gott, dein Erbarmen ist grenzenlos.
Aus Liebe hast du den Menschen geschaffen und ihm Leben von deinem unvergänglichen Leben eingehaucht. Du hast uns zur ewigen Gemeinschaft mit dir berufen.
Darum lässt du uns im Tod nicht untergehen. Hände, die sich nach dir ausstrecken, lässt du nicht ins Leere greifen.
Augen, die deine Schönheit suchen, lässt du nicht für immer erlöschen.
Herzen, die sich nach dir sehnen, schenkst du deine Ruhe.
Wir vertrauen darauf: In deinem Licht schauen unsere verstorbenen Brüder und Schwestern das ewige Licht, das Licht, das keinen Untergang kennt, das Licht des Lebens.
Dir sei Lob und Preis in alle Ewigkeit. Amen.

 

 

Agape

Gebet über Brot und Wein

Jemand betet:

Guter Gott, von Dir kommt unser Leben und Du erhältst es. Segne dieses Brot, das wir jetzt miteinander teilen und essen werden. Segne diesen Becher, den wir jetzt miteinander teilen und trinken werden. Sie sind ein Zeichen des Lebens, das Du uns geschenkt hast und ein Zeichen unserer Gemeinschaft.

Wir denken dabei an Jesus, an das Mahl, das er mit seinen Freunden, seinen Jüngern gefeiert hat bevor er bereit war, ganz Deinem Willen zu folgen.

Wir bitten Dich: lass uns aus seiner Kraft in Liebe und Frieden leben; dann wird er selbst unter uns sein, dann werden wir sein Leib sein in dieser Welt bis in Ewigkeit.

Darum bitten wir Dich, durch Jesus Christus, Deinen Sohn, unseren Retter und Herrn. Amen.

 

Wir schenken jedem einen Becher, ein Glas ein. Danach bricht jeder ein Stück von dem Brot und reicht das Brot weiter. Wenn alle ein Stück Brot haben, essen und trinken wir gemeinsam in Stille.

Wenn alle gegessen und getrunken haben, fassen Sie sich an den Händen und beten zusammen das Vaterunser

 

Lied:  GL 806Bei Gott bin ich geborgen

https://www.youtube.com/watch?v=xyzCapi9CEQ

 

 

 

Gebet:

An diesem Tag, Gott des Lebens und der Hoffnung,
danken wir dir für die vielen Heiligen,
die uns kritisch und liebevoll begleiten,
mahnend und erinnernd, tröstend und fordernd.
Manche Heilige sind unerwartet da,
wenn wir uns verbissen haben,
nicht mehr zuhören wollen und sowieso
alles besser wissen.
Manche Heilige kommen uns bekannt vor.
Sie haben schon lange einen anderen Blick auf die Dinge,
den Eintagsfliegen laufen sie nicht nach,
von großen Worten lassen sie sich nicht blenden.
Du vertraust uns sehr viel an.
Dein Wort. Deine Liebe.
Du schenkst uns dazu auch die Kraft.
Lass uns keine komischen Heiligen werden,
aber von dir geadelt und groß gemacht
Menschen den Himmel zeigen.
Hilf uns, bedrängende und bedrohliche
Situationen zu sehen
und es an Beistand und Mut nicht fehlen zu lassen.
Verheißen hast du uns das
In Christus, unserem Herrn. – Amen.

 

Zum Ausklingen: https://www.youtube.com/watch?v=lMPLkogrnr0