Allerheiligen/Allerseelen
Allerseelen 2025
Immer wieder habe ich große Freude an der eben gehörten Lesung aus dem 1. Thessalonicherbrief.
Für den Verfasser, den Hl. Paulus war es offenbar keine Frage: Die Auferstehung ist Realität- die einzige Frage, die sich ihm stellte, war nicht das ob, sondern das wann.
Und es scheint für ihn keinen Zweifel gegeben zu haben, dass einige noch leben würden, die Jesus schon vor seinem Tod gekannt hatten. Er war gewiss, dass der Herr bald zurückkommen würde und das Reich Gottes endgültig beginnen würde.
Aus dieser Haltung ergab sich eine weitere Frage, die uns heute skurril erscheint: : ob denn Lebende und Tote gleich behandelt werden, wenn Christus wiederkommt.
Fragen, die uns heute merkwürdig vorkommen- 2000 Jahre nach dem Tod und Auferstehung ist schließlich immer noch nichts passiert. Das Reich Gottes und die Wiederkehr Christi lassen weiterhin auf sich warten.
Und wir haben uns inzwischen damit arrangiert.
Vermutlich rechnet irgendwie so gut wie keiner mehr damit, dass sich zu seinen Lebzeiten der Himmel auftut, der Herr selbst vom Himmel herabkommt, der Erzengel ruft und die Posaune Gottes erschallt…Das kommt uns doch wirklich erstaunlich märchenhaft vor.
Und vielleicht ist es das auch und es verbaut uns den Weg dahin, wie es tatsächlich gemeint sein könnte.
Vielleicht können wir erst einmal die biblischen Daten sammeln, von denen man ausgehen kann, dass sie sicher sind:
Da ist vor allem die Überzeugung, dass es die Auferstehung gibt. Diese Überzeugung ist im Laufe der jüdischen Religionsgeschichte langsam aber sicher gewachsen. Zunächst meinte man, dass der Tod nicht nur eine Grenze für den Menschen ist, nach der er im Scheol ohne Bewusstsein sein würde, also ohne Gotteserkenntnis und Leben.
Dann aber kam man zu dem Glauben, dass der Herrschaftsbereich Gottes auch über den Tod hinaus gelte und somit auch über die Toten selbst gelten müsse. Erst durch die Konfrontation des jüdischen mit dem griechischen Denken kam es zu der Vorstellung, dass so etwas wie eine Seele bei Gott sein würde nach dem Tod und dort ewig leben würde. Noch sehr anfanghaft wurde es dann im NT durch die Erfahrung von Tod und Auferstehung Jesu weiterentwickelt.
Für das Neue Testament ist die Auferweckung durch Gott eine Tatsache und war mit der Überzeugung verbunden, dass es ein Ende der Welt geben würde, an dem Gott die Welt endgültig gerecht macht und seinen Regeln unterwirft. Daher die Bilder des Herrschers auf der Wolke, der mit Triumph einzieht, wozu natürlich auch die Posaunen gehören. Bilder also, die das Unbeschreibliche begreifbar machen wollen.
Wenn nun Menschen HEUTE über den Auferstehungsglauben diskutieren, dann stellt sich oft das Problem vom vermeintlichen Gegensatz von individuellem Tod und Jüngstem Tag/Gericht. Die Frage also, wie das denn zusammenpasst. Was passiert mit mir nach meinem eigenen Tod, muss ich warten, bis die anderen nachkommen? Wo halte ich mich dann auf? Komm ich dann schon vor Gottes Angesicht oder muss ich warten bis der jüngste Tag da ist? Wenn man diese Fragen mal ausspricht merkt man, wie menschlich diese Fragen sind und wie vermenschlicht auch unser Gottesbild und unsere Vorstellungen vom Jenseits sind.
Für mich einige wichtige Konstanten:
- Gott existiert
- Er ist der Ursprung und Grund dieser Welt und damit auch meiner Existenz
- Er ist die Liebe und deswegen sind wir aus Liebe, sprich: aus Gott erschaffen
- Die Liebe gibt das nicht auf, was sie liebt
- Der Tod ist deswegen nicht das Ende, sondern ein Übergang in eine andere Existenzform, die ebenfalls von Gott, sprich: der Liebe getragen wird
- Mein individueller Tod und das, was wir Jüngster Tag nennen fallen in eins: Gott hat die Welt mit ihren Regeln erschaffen, damit auch Raum und Zeit. Beim Übergang von dieser Welt in die Welt Gottes hört die Zeit auf zu existieren: Ewigkeit. Also kein gestern, kein morgen, sondern immer nur JETZT/ Gegenwart. Wir sind dann in der Gegenwart Gottes/Im Jetzt. Und wenn die Zeit nicht mehr existiert, geschieht alles sozusagen zur gleichen Zeit: Mein Tod ist meine Auferstehung ist das Jüngste Gericht, ist Ewigkeit. Und damit hat Paulus Recht, wenn er heute sagt: Die Lebenden werden den Toten nichts voraushaben. Sie leben, wir leben und zwar alle gleichzeitig
Liebe Gemeinde, vielleicht klingt der Auferstehungsglaube an sich schon heute naiv und nicht nur damals in der Form wie es bei Paulus anklingt.
Ich finde es aber eher umgekehrt. Ich finde es naiv zu meinen, dass das, was wir heute kennen und wissen- auch über andere Dimensionen dieser Welt- alles sei. Ich halte das, was wir ewiges Leben nennen mindestens genauso wahrscheinlich wie dass es das nicht gibt.
In der Welt der Physik jedenfalls gilt, dass keine Materie verloren geht. Wieso sollte das nicht auch für die Welt der Metaphysik gelten?!
Wir waren ja bis gestern in Meschede und es war wieder eine eindrückliche Woche- aus vielerlei Gründen, aber vor allem, weil die Jugendlichen so offen für die religiösen Fragen sind und weil die Grundaussagen des christlichen Glaubens dort immer wieder erspürbar sind- nicht perfekt, weil kein Mensch, auch ein religiös suchender wie ein Mönch eben nicht perfekt ist, sondern immer geprägt von seinen Schwächen und Unfähigkeiten, religiös gesprochen von seinen Sünden.
Aber eben ein Mensch, der sich dessen bewusst ist und alles in die Hände Gottes legt, eines Gottes, der uns von Jesus als barmherzig, gerecht, liebend und immer in Sorge um uns dargestellt wird.
Dazu noch die Architektur der Kirche, wie eine bergende Burg angelegt. In der Mitte hoch über dem Altar das Kreuz- ein wirklich ungewöhnliches. Die Kirche ist Christus dem König geweiht. Sie wurde 1964 eingeweiht, genau 25 Jahre nach dem Ausbruch des 2. Weltkrieges und 50 Jahre nach dem Ausbruch des 1.
Und durch die Kubakrise lag Anfang der 60er schon wieder die Gefahr eines Krieges in der Luft.
Und so entschieden sich die Mönche ihr Kloster und ihre Kirche der Friedensarbeit zu widmen.
Christus, niemand anderes sollte ihr König sein.
Und so ist Christus in dreifacher Form an diesem Kreuz zu erkennen: erstens als der Leidende, der aber zweitens schon von der Auferstehung gekennzeichnet ist und drittens durch die Krone zum Herrscher über Welt und Zeit dargestellt wird.
Diese Krone wurde aus Gold aus allen Weltregionen und Münzen aus verschiedensten Zeitaltern gearbeitet.
Dazu haben Witwen von gefallenen Soldaten des 2. Weltkrieges die Eheringe ihrer Ehemänner mit hineingegeben.
Ein überwältigendes Symbol für die Überzeugung, dass Christus alles durchdringt, nichts aus den Händen fällt und seine ausgebreiteten Arme Zeit und Welt umfassen.
Dazu hängt das Kreuz exakt über dem Altar, der Ort an dem sich Gott und Mensch in jeder Eucharistiefeier begegnen.
Und vor diesem Altar versammelt sich die Gemeinde, die Mönche sitzen davor im Halbkreis und dieser Halbkreis wird hinter dem Altar fortgesetzt- nicht innerhalb der Kirche, sondern außen, denn dort befinden sich die Gräber der verstorbenen Mönche, angeordnet in eben einem Halbkreis:
Beide Welten, die der Lebenden und der Toten verbinden sich. Sie sind beide durchdrungen von Christus dem König. Für den Glaubenden gibt es höchstens eine räumliche Trennung, aber keine ewige. Was im AT langsam seinen Anfang nahm, vollendet sich im Neuen und kommt in Christus zu seinem Höhepunkt.
Dieser Ort hat mich frohgemacht, zuversichtlich, glaubensgewiss.
Denn alles, was gerade in der Welt geschieht, alle Risiken und Bedrohungsszenarien, die sich immer wieder entwickeln verloren dadurch ein wenig ihre Spitze. Der Blick auf diesen Christus den König, der Herr ist über Raum und Zeit und jeden Winkel erfüllt, gab mir ein wenig mehr Gewissheit, dass die Welt eben nicht nur ein im kalten Sternenlicht des unendlich erscheinenden Weltraums ohne jeden tieferen Sinn ihre Bahn läuft, sondern dass dahinter ein Gott steht, der sich dabei etwas gedacht hat, vorgestellt hat, gewollt hat.
Und wenn das für die Welt gilt, dann auch für diejenigen Geschöpfe, die diese Welt bewohnen. Auch unsere Bahn durch die Welt ist nicht nur vom kalten Licht des Universums beleuchtet, sondern vom strahlenden König dieses Universums.
Wir mögen im Tod unserer Lieben keinen Sinn erkennen, aber wir dürfen vertrauen, dass wir alle, ob Lebende und Tote vor allem eines sind: Geschöpfe Gottes, von dem wir kommen und zu dem wir wieder gehen.
